Wir kennen das Phänomen vermutlich (fast) alle:
Beim Wettkampf laufen wir leichtfüßig und stark am Fotografen vorbei. Unsere stolze Haltung würde sich sicher auf dem Cover eines Laufmagazins gut machen… denken wir – bis wir dann die Fotos tatsächlich zu sehen bekommen. Und dann fragen wir uns, ob die traurige Banane mit dem schiefen Lächeln tatsächlich wir sind, oder ob sich jemand die Startnummer kopiert hat.
Ich habe einige solcher Fotos. (Aus Gründen stell ich hier aber keins ein… 😉 ) Ein Hauptvorhaben für diesen Herbst habe ich daher heute begonnen in die Tat umzusetzen:
Ich möchte meinen Laufstil verbessern, damit ich noch viele Jahre glücklich durch die Wälder streifen kann. Aber wie?
Alles Wissen aus Büchern nützt zwar ein bisschen was – immerhin konnte ich dadurch relativ gut feststellen, wo meine Baustellen sind, aber der Buchautor hockt halt im Buch und kann nicht mit mir auf die Laufstrecke gehen, wo ich aber jemanden brauche, der mir direkte Rückmeldung gibt.
Die bessere Hälfte damit zu belästigen ist keine Dauerlösung, zumal die Kritik eines nahestehenden Menschen ja häufig eher schlecht aufgenommen wird.
Meine Physiotherapeutin kann ebenfalls nur mit Momentaufnahmen arbeiten und nicht in der „freien Wildbahn“.
Ganz klar: ein Trainer muss her.
Den fand ich nach Befragen der lokalen Laufszene schneller als gedacht. Christoph heißt er, und arbeitet bei Sport Weiß in Obereschach, einem dieser Orte, die kaum jemand kennt. Umso erstaunter war ich, dort ein hervorragend sortiertes Sportgeschäft zu finden, mit allem, was Läufer so brauchen. Kein Wunder, denn die Belegschaft besteht selbst aus aktiven Sportlern. Von aktuellen Pulsuhrmodellen über Laufschuhe und dazugehörige Klamotten nebst Sportlernahrung gibt es hier wirklich alles. Jetzt hab ich nicht nur einen Trainer, sondern auch ein neues Lieblingsgeschäft gefunden. Wenn das mal nicht cool ist!
Heute morgen hatten Christoph und ich also unser erstes „Date“.
Nach einer „lockeren“ – nun ja, für Christoph war’s das schon – Einlaufphase, die gefühlt 3 Meter andauerte, erkannte mein Coach bereits sämtliche Baustellen:
- Meine (nicht vorhandene) Hüftstreckung
- Mein (nicht vorhandener) Abdruck nach vorne
- Meine suboptimale Schrittlänge
- Meine suboptimale Armhaltung
- Mein zu weit vor dem Körper befindlicher Landepunkt
- Mein deutlich hörbarer Fußaufsatz
Kreisch! Wie habe ich nur so lange überlebt?
Noch in der Einlaufphase begann Christoph mit Korrekturen und hilfreichen Informationen:
Bergauf muss ich meine Schritte deutlich verkürzen, bergab sie deutlich verlängern. Ok. Das ist ja noch recht einfach.
Mit den langen Schritten kriegt man auch echt schön Tempo drauf. Leider auch den Puls nach oben. Hm.
Nach dem Warmlaufen ging’s dann auf dem Parkplatz des Geschäfts mit Übungen an der Koordinationsleiter weiter.
Wer das nicht kennt: Einfach mal danach googlen. Für mich war das auch Neuland, hat mir aber so gut gefallen, dass ich mir gleich so ein Ding bestellt habe. Das kann ich mir in den Garten legen. 🙂
In die Hände, bzw später unter die Arme, bekam ich zwei Stöckchen, um die Handhaltung zu optimieren, und dann ging’s los:
Zunächst gab es Trippelschrittchen auf dem Fußballen mit hoher Frequenz, wobei Christoph gnadenlos jede Schwachstelle erkannte und mich darauf hinwies. Aber gut. Dafür bin ich ja da. Lob hilft nicht immer weiter, wenn’s halt einfach nichts zu loben gibt. Seufz…
Waren die Schritte gut, vergaß ich die Arme. Waren die Arme da, wo sie sein sollten, senkten sich meine Fersen. Blieben die oben, hing mein Hintern nach hinten… oh weia! Umso erfreulicher war es, dass mir doch ein paar ganz gute Durchgänge gelangen. Mein Kopf rauchte.
Weiter ging es mit verschiedenen Schrittfolgen über die Leiter, vorwärts, rückwärts, seitwärts, hüpfen… Das ganze Stabi-Training bringt halt nur was, wenn man es dann auch in der Bewegung umsetzen kann.
Dasselbe trifft natürlich auch auf Lauf-ABC und Koordinationsspielchen zu, und so ging es nach dem Spaß mit der Leiter nochmals auf einen kurzen Run.
Problem war auch hier die Konzentration: Sobald es hieß: „Locker laufen“, verschwanden auf magische Weise sofort die Ergebnisse der letzten halben Stunde und ich schlappte wieder wie gewohnt vor mich hin. Grrr! Aber nun, Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Ich muss wohl einfach Geduld mit mir selber haben. Jahrelange Muster kann man nicht mal eben in einer halben Stunde überschreiben.
Eine spontan eingeschobene Übung für den Fußabdruck gefiel mir sehr gut und wird bestimmt beim nächsten Strongman und in der anstehenden Crosslaufsaison mein Beliebtheitslevel deutlich steigern: „Dreck auf den Hintermann schleudern“.
Dabei geht es darum, beim Fußabdruck bewußt so nach hinten zu treten, dass man den Dreck nach hinten wegschleudert. Das ist natürlich nicht sonderlich Laufschuh-schonend, macht aber Spaß. 😀
Nach einer Stunde verabschiedete ich mich mit in Auflösung befindlichem Hirn von Christoph. Jetzt muss ich erst mal selber üben.
Folgende „Checkliste“ gab er mir noch auf den Weg:
- Hände: Höhe Brustwarzen bis maximal Bauchnabel
- Schultern nach hinten
- Kopf hoch
- Bauch rein
- Fersen hoch
- Knie beim Fußaufsatz in einer Linie mit dem Körper
- leise laufen
Na dann…
Morgen werde ich mich mal bei einem kürzeren Läufchen selbst dran versuchen. Mal sehen, wie viel ich beim sonntäglichen Longrun davon halten kann.
Eins steht jedenfalls fest: Es war sicher nicht mein letztes „Date“ mit Christoph.
So ein Training muss ich auch unbedingt mal machen. Bei mir gibt es bestimmt jede Menge zu meckern 😂.
Hihi… 😀
Na dann: Hau rein!
Mach ich!
Liest sich super! Und klingt, als könnte ich das auch gebrauchen. Ziemlich weit oben auf meiner sportbezogenen „Nach-der-Genesung“-List steht eine Bewegungsanalyse bei einem erfahrenen Trainer, der auf den Laufstil und auf muskuläre Dysbalancen achtet und mir ein Übungsprogramm zusammenstellt. Ich will ja nicht nur schöner, sondern auch gesünder laufen. 🙂
Schöner ist aber auch nicht schlecht. 🙂
Doch, das lohnt sich auf jeden Fall. Ich hoffe, Du findest jemanden.
Das Feilen am Laufstil ist sicherlich förderlich, nur habe ich während der vielen Jahre bei meinen Zöglingen feststellen müssen, dass es selten gelingt, den eigenen Laufstil massiv zu ändern.
Wichtig ist aus meiner Sicht, dass Haltungsschäden und falscher Atemtechnik entgegengewirkt wird, um über lange Jahre hinweg unbeschadet und freudvoll das Laufen erleben zu können.
Viel Spaß beim Üben, bin gespannt, ob es bei dir Früchte tragen wird !
Heute lief es schon ganz gut. Christoph meinte, die körperlichen Voraussetzungen stimmen, es liegt allein am Kopf. Klar, jeder hat sein individuelles Bewegungsmuster, aber ich denke, mit konsequentem Dranbleiben kann man schon manches verbessern. So massiv, dass ich vom Fersen- zum Vorfußläufer mutiere, wird es eh nicht. Ich bin ja eh schon tendenziell auf dem Mittelfuß unterwegs.
Bei Christoph Franki bist du da in wirklich guten Händen. Er weiß, wovon er redet, ist ja selbst Läufer und hat schon viele zum Laufen gebracht.
Ja, der ist wirklich klasse! 🙂
Wie bitte? Man kann auch so laufen, dass es gut und rund aussieht? Das ist bei mir schon völlig vergessen und verdrängt. Ich brauche mind. 10 krumme Bilder für ein brauchbares 😉
Willkommen im Bananen-Club. 😀
Hahaha, hab mich sofort wiedererkannt! 🙂
Ich hätte einen Tip in SÜDhessen gehabt:
Michael Schneider von gaitview.de in Mühltal
Ich weiß seither was ich alles falsch mache und wie ich laufen muss, wenn Fotographen an der Strecke stehen! 😀
LG
Nur, wenn Fotografen da stehen? 😉
Südhessen wär ein bisschen weit, aber vielleicht liest ja jemand aus der Ecke mit.
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Wie, wann, wo und zu welchen Konditionen kann man Christoph daten?
Christoph kann man über sportweiss.com erreichen, oder direkt im Laden in Obereschach. Konditionen muss man dann selbst aushandeln. 🙂
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