Sport und Musik sind sich in vieler Hinsicht sehr ähnlich. Es gibt talentierte und weniger talentierte Menschen, aber ab einem gewissen Punkt reicht Talent nicht mehr aus, und der Trainingsfleiß entscheidet. Man kann sich in beiden Bereichen ein Stück weit autodidaktisch fortbewegen, und wenn Lehrer und Schüler sehr begabt sind, dann kann das in Ausnahmefällen sogar auf ein sehr hohes Niveau führen.
Im Normalfall sucht man sich aber irgendwann einen Lehrer, denn der Blick von außen ist durch nichts zu ersetzen.
In der Musik stehe ich mittlerweile zwar auf der anderen Seite, gönne mir aber immer noch regelmäßig selbst Unterricht. Und auch im Sport wollte ich mir das jetzt gönnen, denn ich kam einfach nicht weiter mit dem Kraulen nach dem Ende des Kurses.
Obwohl ich fleißig weiter übte, mir im Internet jede Menge Videos und Artikel und Online-Kurse reinzog, gefühlt 375 Technikübungen ausprobierte, einen Haufen Geld in Spielsachen (Pullbuoy, Schwimmbrett, Paddles, Kurzflossen) steckte, es blieben die verflixten 25m mit einem Puls von 174.

Wieso sind 50m nur so verdammt lang?
Und dabei sah ich im Hallenbad teilweise Rentner und Rentnerinnen scheinbar mühelos eine Bahn nach der anderen vor sich hin kraulen. Es musste also doch auch anders gehen.
Der Kurs an sich war ja nicht schlecht, aber natürlich hatte unser Trainer im wahrsten Sinne des Wortes die „Schwimmbrille“ auf, soll heißen, er dachte wie ein Schwimmer und nicht wie ein Triathlet. So verkünstelte ich mich also am S-Zug, obwohl ich immer noch drohte unterzugehen, wenn ich nicht gleichzeitig wie wild mit den Beinen strampelte.
Versteht mich nicht falsch, der S-Zug ist super, aber vielleicht nicht unbedingt die erste Baustelle, die man in Angriff nehmen muss.
Der Schwimmtrainer wollte, dass ich die 25m maximal schnell schwamm, ich wollte lange ruhige Strecken.
So langsam wuchs der Frust.
Und dann hatte eine Krankheitspause endlich mal ein Gutes:
Wenn man so im Bett rumliegt, kann man sich einen Haufen Online-Videos anschauen. So fraß ich mich durch die halbe Mediathek von triathlon-szene.de und stieß dort auf Beiträge mit Ute Mückel.
Was ich sah, gefiel mir methodisch sehr gut, und so bemühte ich Tante Google auf der Suche nach einem Schwimmseminar. Und dann traf mich bei der Betrachtung ihrer Homepage im positiven Sinne fast der Schlag: Die Frau wohnte ja gar nicht in München, Berlin oder Köln, sondern quasi um die Ecke. Gut, 60km entfernt, aber im Vergleich zu den anderen genannten Alternativen ja nur ein Katzensprung.
Gemailt, sofort eine nette Antwort bekommen, Termin vereinbart. Und ja, sie war auch bereit, sich mit einem Anfänger herumzuschlagen.
Das ist nicht unbedingt selbstverständlich.
In der ersten Stunde arbeiteten wir viel mit Videos. So konnte ich selbst sehen, wo die Hauptschwachpunkte liegen. In erster Linie schwamm ich wirklich wie eine Katze, die man ins Wasser wirft: Panisch bemüht, so schnell wie möglich das rettende Ufer zu erreichen. Gleichzeitig zeigte sie mir aber auch, wie ich viele Dinge, die ich im Brustschwimmen richtig mache, z.B. die Körperstreckung auf das Kraulschwimmen übertragen kann. Nix S-Zug. Eintauchen und strecken war die Devise. Es gab ein paar Aha-Momente. 🙂
Am liebsten hätte ich sofort und gleich die nächste Woche weitergemacht, aber wie es sich für eine Triathlon-Koryphäe gehört, ist Ute natürlich auch viel unterwegs. So dauerte es etwa einen Monat, bis wir uns wieder treffen konnten.
Zunächst mal war ich sehr stolz, dass ich offenbar das in der vorigen Stunde Gelernte gut umgesetzt hatte, aber darauf durfte ich mich natürlich nicht lange ausruhen. 😉
Die Hauptschwerpunkte waren diesmal die Hände (verkrampft), die Armhaltung im Wasser (zu weit oben) und natürlich Streckung, Streckung und Streckung. 😀
Auch dieses Mal ließ mich Ute viel Brust schwimmen, immer mit wechselnden Beobachtungsaufgaben. So konnte ich herausfinden, was passiert, wenn die Arme zu dicht an der Wasseroberfläche sind (Hohlkreuz) oder zu weit unten (Sinkflug), konnte spüren, wie locker Hände sein können, und wie weit man sich tatsächlich strecken kann. Und dann sofort Zack! umsetzen ins Kraulen. Pausen gab es höchstens mal zu einer kurzen Erläuterung oder Korrektur am Beckenrand, ansonsten ging es die ganze Stunde durch. Ächz! 😉 Ausruhen ist was anderes.
Videos gab es diesmal keine, dafür jede Menge Arbeit mit dem Körpergefühl. Das finde ich klasse, denn wenn ich selber übe, kann ich mich auch nicht jedes Mal filmen.
Und es funktioniert! Ich merke eine deutliche Verbesserung, bin nicht mehr so panisch und platt, und kann auch eher selbst herausfinden, woran es liegt, wenn es mal nicht ganz so rund schwimmt.
Letzte Woche hatte ich im Freibad ein großes Erfolgserlebnis, als ich erstmals 50m (mit Neo) durchkraulen konnte, ohne dabei gefühlt mehrfach den Löffel abzugeben.
Schade, dass wir unsere nächste Trainingsstunde erst nach meinem Triathlondebüt am 17. Juli haben.
Dafür habe ich mir vorgenommen, einfach so zu schwimmen, dass ich mich gut fühle. Und wenn es überwiegend Brust ist, dann ist das halt so.
S-Zug? Ich bin mal kurz am Googeln …
Die Hand beschreibt unter Wasser ein „S“ für größtmöglichen Wasserwiderstand. 🙂
Hat nix mit der Bahn zu tun. 😀
Frei nach Loriot: «Aaaah … ja …»
By the way: Ich drücke übrigens jetzt schon mal prophylaktisch für das Triathlon-Debüt die Daumen (in S-Form)!
Danke sehr. Schließlich bist Du schuld…
… wir müssen noch Provision im Falle einer Siegprämie verhandeln.
Du bekommst in jedem Fall 50%. 😜
Liebe Christiane,
das klingt gut. Sehr gut!!
Bei deiner Beschreibung fällt mir auf, dass ich das Glück hatte, meine Schwimmkurse alle bei Triathleten zu haben! 😉 Allerdings halfen mir auch die verschiedenen Ansätze und Unterrichtsmethoden.
Für den 17.7. drück ich dir die Daumen und egal ob du kraulst oder brustschwimmst – das wird sicher super! 😀
Vielen Dank!
Ich glaube, dass die „reinen“ Schwimmer Schwierigkeiten haben, die Triathleten zu verstehen. Klar möchte ich meine Technik in Zukunft auch noch optimieren, aber die Streckenlängen sind einfach ganz andere.
Verschiedene Ansätze und Perspektiven sind immer gut. Nur wenn’s zu viel wird, dann verwirrt es eher. 😀
Wenn wir fürs Wasser gemacht wäre hätten wir Kiemen 😉
Das es absolut nicht meines ist weißt du, aber das heißt nicht dass ich es nicht auch gerne können würde. Bin auf jedenfall gespannt auf deinen Traithlon und drücke dir die Daumen!
Hihi, Kiemen wären schon praktisch. 🙂
Ich bin auch sehr gespannt und nervös, aber ich freue mich auch.
Liebe Christiane,
Du investiert da schon einiges ins Vorwärtskommen was das Schwimmen betrifft, das finde ich sehr respektabel und bin gespannt, was daraus noch erwächst…mach bloß weiter so 😀
Salut
Oh, Danke sehr! 🙂
Wenn ich was anpacke, dann will ich’s auch richtig machen. Und es will mir nicht in den Kopf, dass das nicht funktionieren soll. Deshalb hab ich mich jetzt mal festgebissen. 😀
Fortschritte zu merken macht Spaß!
À plus!
Super Blog Post! Du hast mir total aus der Seele gesprochen.
Als ich dem Kraulen einen Versuch gab blieb ich auch immer bei diesen 25 Meter stecken… Respektive ich bin immer noch dort 😀 Ich möchte dem Schwimmen unbedingt nochmals eine Chance geben, aber leider habe ich momentan kaum Zeit.
Ich wünsche dir jetzt schon ganz viel Glück für deinen ersten Triathlon und bin gespannt auf deinen Post 🙂
Irgendwie beruhigt mich das jetzt! 🙂
Ich kann Dir versichern: Es wird, wenn man dranbleibt und sich kompetente Unterstützung sucht.
Ich hoffe, Du findest bald Zeit, dem Schwimmen eine zweite Chance zu geben. Ich bin auch schon wahnsinnig gespannt! 🙂
Vielen Dank für Deine guten Wünsche!
Pingback: Nach dem Triathlon ist vor dem Triathlon :) | laufkater
Pingback: Der Weg zur ersten Olympischen Distanz – Bestandsaufnahme | laufkater