Dass ich ein kleiner Nerd und Datenfreak bin, dürfte Euch ja nicht entgangen sein. Dass ich außerdem auf alles abfahre, was einen USB-Anschluss (alternativ auch Bluetooth, ANT+ und WLAN) hat und hübsch blinkt, hat sich wohl auch schon rumgesprochen. Zumindest bis zu den Jungs und Mädels von SHFT run right, die mir ein Testgerät geschickt haben.
Ok, werden sich jetzt wahrscheinlich einige fragen: Was zum Henker ist SHFT, und was ist mit dem „i“ passiert?
Denn SHFT kommt natürlich von „shift“, was ja so viel wie „verschieben“ oder „verändern“ bedeutet. Und ohne Vokale ist halt cooler. So viel dazu.
Was genau wird denn jetzt verschoben oder verändert? Es geht – wie man dem Zusatz „run right“ entnehmen kann, um den Laufstil. SHFT analysiert den persönlichen Laufstil und gibt Tipps zu dessen Verbesserung.
Bei dem Thema denken jetzt viele an öde Laufbänder in orthopädischen Praxen mit Blick auf eine Wand voll unappetitlicher medizinischer Bilder, die einen über Krankheiten informieren, von denen man lieber gar nicht gewusst hätte, dass es sie gibt. Anschließend bekommt man von einem ernst dreinblickenden Weißkittel oder Einlagen-Hersteller erklärt, dass der persönliche Laufstil direkt in die Katastrophe führt.
Die SHFT Pods sind zwar auch weiß, aber das ist auch das einzige, was sie mit dem Orthopäden gemeinsam haben. Mit SHFT kann ich die Analyse auf meiner Lieblings-Laufrunde erledigen.
Die kleinen dreieckigen Kerlchen und ein Bluetooth-fähiges Smartphone mit installierter SHFT-App sind alles, was benötigt wird, um nach und während einem Lauf ins vollkommene Daten-Glück einzutauchen.
Und das funktioniert so:
Mit Hilfe eines Clips auf der Rückseite wird ein Pod am Laufschuh und einer an einem Brustgurt befestigt. Welcher wohin kommt, ist völlig egal und wird automatisch erkannt. Da der Brustgurt keinen Puls misst, kann er auch über der Kleidung getragen werden.
Der Clip hält bombenfest und muss nicht blöd und umständlich in die Schnürung integriert werden.
Durch kurzes Antippen oder eine schnelle Bewegung aktiviert man die Pods, startet die App, die selbige erkennt, und schon kann es zu einem ersten Analyse-Lauf losgehen.
SHFT funktioniert über Audio-Feedback, so dass man nicht ständig aufs Handy-Display glotzen muss, sondern seine Informationen entweder von Siri (iPhone) oder einer Computerstimme nach Wahl (Android) erhält
Nach einer Aufwärmphase startet der Analyselauf, bei dem SHFT erkennt, wo die größten Baustellen in der Lauftechnik sind.
Daheim kann man sich dann ins Daten-Nirwana begeben. Hier wird wirklich alles angezeigt.
Daneben wird auch die Laufstrecke per GPS vermessen, wie man es von anderen Lauf-Apps auch kennt. Neben der reinen Statistik wird in einem Report auch noch detailliert auf verschiedene Aspekte des Laufs eingegangen und das ein oder andere erklärt.
Wie man auch sehen kann, misst SHFT keinen Puls, sondern die Laufleistung in Watt. Wer so ein bisschen die Gadgets verfolgt, kann sehen, dass das der neueste Trend ist. Radfahrer trainieren schon immer nach Watt, Läufer jetzt zunehmend auch. Der Hintergrund ist, dass der Puls ja immer hinter der Belastung etwas herhinkt. Kann jeder testen. Einfach mal eine Treppe raufsprinten. Unmittelbar danach ist man noch in der Lage, ein Lied zu singen. Erst ein paar Sekunden später ist man plötzlich völlig außer Atem, weil das Herz eine Weile braucht, um die Info zu kriegen, dass jetzt Mehrarbeit angesagt ist. Ein Wattmesser hätte sofort bei Beginn der Treppe angezeigt, dass man jetzt in den roten Bereich geht. Ob man als Läufer wirklich viel dadurch gewinnt, sei mal dahingestellt. Ich finde es als zusätzliche Information interessant, mehr aber auch nicht. Aber ich bin es auch einfach von Beginn an gewohnt, nach Puls zu trainieren.
Der eigentliche Schwerpunkt von SHFT ist aber auch gar nicht die Wattmessung, sondern der Laufcoach. Basierend auf der Analyse stellt selbiger nun ein Trainingsprogramm zusammen, welches sich in der Regel in drei 6-Minuten-Abschnitte gliedert, bei denen der Fokus jeweils auf einem Aspekt liegt, z.B. der Bodenkontaktzeit.
Der Coach legt einen Bereich fest, innerhalb dessen man sich bewegen soll, und gibt einem während der Trainingseinheit Feedback, ob man seine Sache gut macht.
Die Computerstimme benutzt dabei erfreulich viele verschiedene Sätze und streut auch mal die ein oder andere interessante Information ein, so dass es nicht langweilig wird.
Manchmal hat Siri etwas Probleme mit der Intonation. Da klingt es z.B. „Du machst das gut?“ „Weiter so?“ Nun gut, aber Software ist halt Software, und das ist durchaus zu verschmerzen. Das Deutsch ist ziemlich gut, von ein paar Ausrutschern mal abgesehen.
Am Ende des Trainings erhält man eine detaillierte Auswertung und eventuell auch den Hinweis auf Übungen auf dem Lauf-ABC (mit Video-Anleitung), die bei dem gerade bearbeiteten Technikschwerpunkt unterstützen können.
Ich habe SHFT jetzt ca. 3 Monate im Einsatz, und es zeigen sich wirklich deutliche Verbesserungen gerade bei Schrittfrequenz und Bodenkontaktzeit.
Ersetzt es einen menschlichen Lauftrainer? Ein klares Jein.
SHFT ist halt kein Mensch, und die Software etwas unflexibel. Wenn man z. B. zu „gut“ ist, bremst einen das Programm recht schnell ein, nur weil man seinen Zielbereich um eine winzige Abweichung überschritten hat. Auch ist es natürlich stark vom Untergrund und der Laufstrecke abhängig, ob man damit sinnvoll trainieren kann. Mit einem erfahrenen Laufcoach kann ich mich auf einen Trail begeben, mit SHFT eher nicht so. Um das Maximum rauszuholen, empfiehlt sich eine relativ flache, befestigte Strecke, eventuell auch eine Laufbahn, denn während der 6-Minuten-Abschnitte sollte man eben in den jeweiligen Zielbereichen bleiben können, ohne durch ständig wechselnde Bodenbeschaffenheit ausgebremst zu werden, sonst gibt es nur eine frustrierende Rückmeldung.
Das Interface der App ist auch noch etwas unsexy, und mit Siri quatscht es sich auch nicht so gut wie mit einer menschlichen Begleitung. In Kombination mit einem menschlichen Lauftrainer ist es aber ziemlich cool. So kann man eben selbst beobachten, ob man seine „Baustellen“ verbessern konnte, wenn man nur gelegentlich einen Trainer hat, der draufschaut. So was könnte ich fürs Schwimmen brauchen…
Die Entwickler von SHFT sind unglaublich offen für Feedback und arbeiten auch daran, den Coach noch stärker auf individuelle Bedürfnisse zuzuschneiden. Man darf gespannt sein, was noch so kommt. Ich werde in Abständen berichten. Vorausgesetzt, ich finde mein Ladegerät wieder, welches so klein und elegant ist, dass ich es prompt vercheckt habe. Seufz.
Übrigens: Wenn jemand von Euch ein SHFT erwerben möchte, könnt Ihr das hier mit dem Promo-Code laufkater2017 mit 20% Ermäßigung tun. Ich krieg dann auch ein kleines Stück vom Kuchen.
Falls Ihr Fragen habt, stellt sie ruhig. Ich kann dann auch bei den Entwicklern nachhaken.
Transparenz: SHFT wurde mir von den Entwicklern kostenlos zum Testen zur Verfügung gestellt. Vielen Dank dafür! Auf den Inhalt meines Berichtes wurde kein Einfluss genommen. Er spiegelt meine persönliche Meinung wider.
Die kleinen Dinger waren mir bei Facebook schon untergekommen. Ziemlich interessanter Ansatz. Was mir nicht ganz klar ist, wie die Wattmessung erfolgt. Hast du Angaben darüber, aus welchen Messdaten die berechnet wird? Erkennen die Pods z.B. Steigungen? Mir fiel das bei dem Beispiel Treppensteigen auf. Dafür brauchen wir ja mehr Leistung als z.B. für einen Kniehebelauf in der Ebene (Körpergewicht, Schwerkraft). Wird das Körpergewicht überhaupt irgendwo eingegeben?
Das Gewicht trägt man in den Benutzereinstellungen ein. Aus Tempo und Gewicht lässt sich vermutlich die Wattleistung errechnen. Ich gebe deine Frage aber gerne mal weiter.
Ok, klingt nach viel Spaß für Nerds / Technikfreaks. Und man freut sich ja immer über positive Rückmeldungen, selbst wenn sie aus einem technischen Gerät stammen. 😉 Was mich interessiert: Diese Daten zu erheben sollte ja kein Selbstzweck sein. Schlagen sich bei dir die verbesserten Messwerte bereits anderweitig positiv nieder, z.B.in schnelleren Zeiten, höherer Belastbarkeit, verringerten orthopädischen Beschwerden etc.?
Ja, doch, ich habe das Gefühl, dass die Erhöhung der Schrittfrequenz mich irgendwie leichter laufen lässt. Geringfügig schneller scheine ich auch zu sein. Ich finde vor allem, dass es hilft, sich auf einen sauberen Stil zu konzentrieren und nicht faul reinzuhängen, wie ich es sonst gerne tue.
Interessant! Ich fand die professionelle Laufbandanalyse bisher ungeschlagen positiv. Ich werde die „Teilchen“ aber weiter beobachten.
Klar ist der Blick eines Experten durch nichts zu ersetzen, vor allem, wenn vielleicht schon Probleme bestehen, aber draußen macht es halt doch mehr Spaß. 🙂
Interessant. Aber was mich stört, wenn ich es richtig verstanden habe, ist, dass ich immer ein Smartphone dabei haben muss? Habe ich so gut wie nie, bzw. nur bei langen Läufen.
Aber eines weiß ich sicher: Je kürzer die Bodenkontaktzeit und länger die Schritte umso schneller wirst du 😉
Naja, Du musst ja nicht immer mit SHFT laufen. Mach ich auch nur so ca 1 Mal/Woche. Aber, ja, wenn Du die Daten willst, brauchst Du (noch) das Phone.
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