Kampf mit Schweinehund im Schnee – Crosslauf in Unterkirnach


Der November war ja bis jetzt mehr als freundlich. Eigentlich schon unheimlich freundlich. Da ist es ja nur logisch, dass er irgendwann zurückfordert, was er geschenkt hat. Gestern Dauerregen, heute Schneefall. Was gibt es da besseres, als in einem Schwarzwald-Skiort ein bisschen über verschneite Matsch-Wiesen zu hoppeln und dabei ordentlich Höhenmeter zu machen? Da fährt man doch einfach nach Unterkirnach um beim Auftakt der Crosslaufserie Zollern-Schwarzwald dabei zu sein. 

So ganz mein Tag war es heute nicht. Es fing schon mit einer Umleitung in Villingen an. Da die Verkehrsführung in Villingen jedweder Logik entbehrt und die Umleitungsbeschilderung auch irgendwie sehr sparsam war, gestaltete sich schon die Hinfahrt als leicht stressig. So fuhr ich dann so ca. 3 Mal mit der Kirche ums Dorf, um dann irgendwann in Unterkirnach mitten in der Pampa zu stehen. Einer recht hübschen Pampa, zugegeben, aber dennoch vollkommen orientierungslos.Unterkirnach Panorama

Nachdem man mir auf Nachfrage versicherte, dass dies der Weg zur Startnummernausgabe sei, folgte ich ihm skeptisch, über vereiste Baumwurzeln rutschend. Hoffentlich kein Teil der Strecke…

Weg Startnummern-Ausgabe

Noch schneite es nicht so wirklich, aber kleine Reste kündeten schon von den Ereignissen der vergangenen Stunden, und der Himmel ließ Größeres ahnen. Schneespuren

Entgegen aller Wahrscheinlichkeit kam ich tatsächlich auf der anderen Seite des Waldes heraus und landete inmitten einer Schwarzwaldidylle, die wohl die Startnummernausgabe beherbergte. Pünktlich fing es übrigens an zu schneien.

Startbereich

Die Startnummernausgabe befand sich – nebst der Taschenaufbewahrung – in einer Scheune, die auch als eine Art provisorische Umkleide diente. Ein freundliches Schild wies darauf hin, dass sich offizielle Umkleiden und Duschen am Sportplatz befänden. Da war ich vorbeigefahren… so vor ca. 3 km. Gut, dass ich schon Laufklamotten anhatte. Diesmal bekam ich auch sofort eine Startnummer. Nach dem letztjährigen Desaster in Trossingen hatte ich mich auf alles eingestellt, auch wenn mich die Tatsache, dass ich diesmal eine Bestätigungsmail zu meiner Anmeldung bekommen hatte, dezent optimistisch stimmte.

Auf dem Rückweg zum Auto wurde der Schneefall stärker.

Ich organisierte mich so weit wie möglich, quatschte ein bisschen mit Lars, der allen Ernstes in Shorts und T-Shirt startete, und lief mich dann etwas ein. Eigentlich hätte ich mich vermutlich etwas mehr einlaufen sollen, aber es war so ungemütlich. Es lief sich irgendwie schwerfällig. Mmh.

Der Schneefall wurde stärker. Mit eingezogenen Köpfen begaben wir uns zum Start. Schlimmer als ein Strongman kann es nicht sein, dachte ich mir. Also los.

eingezogene Köpfe

Gleich zu Beginn ging es leicht bergauf, und obwohl meine Pure Grit keine Wünsche übrig ließen, zog es mir irgendwie gleich den Saft aus den Beinen. Keine Ahnung, ob es am mangelnden Einlaufen, der Kälte oder dem Erdmagnetismus lag. Es war einfach gleich von Anfang an sch… anstrengend. Kurz entlockte mir Hugo, der schnellste Retromops Deutschlands, ein Lächeln, als er begeistert mit Allrad-Antrieb an mir vorbeifegte, aber dann war ich mit meinen saftlosen Beinen und meinem viel zu hohen Puls allein. Vor dem Start hatte ich noch die Teilnehmer sondiert, ob da wohl jemand in meiner Preisklasse sein würde. Kurz setzte ich meine Hoffnungen auf eine figurtechnisch etwas weniger stromlinienförmige Dame, aber dieselbe erwies sich als erstaunlich fit. Und wieder einmal bewahrheitete sich, was ich schon so oft bemerkt habe: „Unterschätze nie die kleinen Knuddligen.“

4 Runden würden zu absolvieren sein, und mir war jetzt, nur ein paar hundert Meter nach dem Start schon klar, dass ich letzte werden würde. Nun gut, einer muss ja, das fand ich auch nicht weiter schlimm. Was hatte ich auch erwartet? Seit Bräunlingen hatte ich in der Regenerationsphase keine Tempoläufe und keine Hügelsprints gemacht. Mit einer super-duper-Bestzeit hatte ich eh nicht gerechnet. Das Feld war stark. Ich meine, wer geht auch außer den komplett Bekloppten freiwillig bei Schneesturm über eine Wiese rennen? Dennoch begann jetzt neben dem Kampf mit der Strecke der nicht weniger heftige Kampf mit meinem inneren Schweine-Wau-Wau.

Was genau tat ich hier eigentlich? Ich war noch kaum einen Kilometer gelaufen und war schon platt. Und das ganze Ding dann insgesamt 4 Mal? Wieso nicht einfach nach einer Runde das Handtuch werfen, mich bei den Helfern bedanken, vielleicht ein Hinken andeuten, ein tapferes schiefes Lächeln? Hat eben heute nicht geklappt, sorry, Leute, nächstes Jahr wieder…

Gleichzeitig ärgerte ich mich über solche Gedanken. Ein DNF? Ja, klar, wenn es wirklich nicht mehr gehen sollte, dann sicher, aber einfach so? Geht gar nicht!

Mittlerweile ging die Strecke dankenswerterweise bergab und mit sinkendem Puls bei steigendem Tempo kam auch der Kämpferwille wieder. Besagte Dame war in Sicht. Allein – einholen konnte ich sie nicht, obwohl ich es bergab echt kesseln ließ. Ein paar freundliche Streckenposten gab es, von denen einer seine Hündin dabei hatte, die mit lautem Bellen die Läufer anfeuerte.

Zum Ziel, bzw. zu Runde 2 ging es dann noch mal so richtig knackig nach oben. Also gehen. Und dann auf in die 2. Runde, und der Schweinehund kommt mit, ob er will, oder nicht. Hugo schafft das ja schließlich auch.

Ein bisschen besser als die erste Runde lief es jetzt. Meine Schuhe waren mittlerweile geflutet, aber das war ok. Der führende Läufer überrundete mich, und dann noch einige mehr. Das Überrundet-Werden war aber weitaus weniger demoralisierend als alleine hinten zu laufen. Wenigstens war ich jetzt wieder unter Läufern.

Gegen Ende der 3. Runde dachte ich erneut ans Aussteigen. Allerdings half mir hier einer der Streckenposten, der zugleich als Schlussläufer fungierte. „Ich lauf noch eine Runde mit.“ sagte er, und gab mir damit ein gutes Stück Moral zurück. Jetzt konnte ich auch erstmals sehen, wie hübsch die Strecke eigentlich war. Da gab es einen Bach und einen kleinen Weiher… das Schneetreiben hatte nachgelassen und erlaubte so was wie Sicht. Die letzten 3 gefühlt senkrecht nach oben gehenden Meter zum Ziel lief ich wieder – oder so was in der Art.

Ich wurde sehr herzlich im Ziel empfangen. Das tat richtig gut. Dann wankte ich in die Scheune, um mir einen heißen Tee zu genehmigen und trockene Klamotten anzuziehen. Die Vorstellung, jetzt nass ins Auto zu steigen, die 3 km zum Sportplatz zu fahren, und dann wieder retour, fand ich nicht wirklich verlockend. Daheim würde die Badewanne warten.

Siegerehrung und Kuchen gab es in einer echt urigen Wirtschaft gleich nebenan. Da kann keine Sporthalle mithalten.

Ich gönnte mir einen leckeren Kuchen und wurde ab und an vom Megafon des Moderators angeblökt, wenn dieser potentielle Preisträger im Gewühl ausfindig machen wollte.

Die Siegerehrung für die Langstrecke sollte erst wesentlich später beginnen, da die meisten noch beim Duschen waren. Ein Blick auf die Ergebnislisten zeigte, dass ich zwar letzte, aber trotzdem noch 3. in meiner AK geworden war. 😉 Dennoch wollte ich nicht mehr so lange warten. Obwohl der Kachelofen bullerte, war mir kalt, ich sehnte mich nach meiner Badewanne, ich wollte heim. Auch war ich etwas skeptisch, was die Straßenverhältnisse anging, sollte der Schneefall anhalten.

Draußen war es mittlerweile Winter geworden.

verschneiter Wald

Ein bisschen knabbere ich noch an meinem vergleichsweise schlechten Abschneiden. Aber es war heute eben einfach nicht mehr drin. Und die Leute waren nett, und der Kuchen war lecker, und noch vor zwei Jahren hätte ich mich auf flacher Strecke über so ein Tempo gefreut. Und dass ich nicht zu Läufen gehe, um zu gewinnen, ist eh klar. Sondern wegen der netten Leute, dem leckeren Kuchen und den Eindrücken. Und davon gab es heute reichlich. Also, aufstehen, Krone richten, weiter laufen. Insgesamt noch 3 Läufe gibt es in der Serie. 2 davon habe ich fest vor, weil sie quasi bei mir vor der Haustüre stattfinden. Sind ja auch eine super Strongman-Vorbereitung, diese Crossläufe.

Mein Fazit zu diesem Lauf:

  • sehr gute Organisation
  • freundliche Helfer
  • sehr urige Location
  • schöne Landschaft
  • anspruchsvolle Strecke mit insgesamt mehr als 200 HM auf den ca. 7,5 km und knackigen An- und Abstiegen
  • ein kleiner Lauf mit sehr starken Teilnehmern

Vielen Dank an alle Helfer, besonders den netten Streckenposten, der mich auf der letzten Runde begleitet hat !

22 Kommentare zu “Kampf mit Schweinehund im Schnee – Crosslauf in Unterkirnach

  1. Ja, wirklich wie immer toll geschrieben. Da warte ich schon auf die Fortsetzung. Du bist halt eine richtige „Kampfsau“, wenn du bei diesen Bedingungen dabei bist.

  2. Glückwunsch zum Durchhalten. Jeder kennt wohl die innere Stimme, die einem sagt, dass es einfach nicht geht. Dann weiter zu machen und zu Ende zu laufen, ist wirklich klasse. Wie Du sagst.. aufstehen, Krone richten….

  3. Toller Bericht von dir 🙂 Und nach 200m war es schon gar nicht mehr so kalt ;). Toll das du es durchgezogen hast und ins Ziel gebracht hast. Wen interessiert da schon die Platzierung am Ende. Man sieht sich dann beim nächsten Lauf der Serie wieder

  4. Herrlich! Das ist der „Mehrwert“ Ihres Blogs! Keine Zahlen, keine heile Welt, wie bei den „Hupfdohlenblogs“ wo ewig gut gelaunte Mädels scheinbar mühelos um den Äquator stratzen …..

    Bitte „Mehr“ – es ist es „Wert“;-)

    P.S. Auch wenns off-topic ist: Die Bezeichnung „Mehrwertsteuer“ ist eigentlich auch Beschiss und entspricht auch nicht dem Gesetz (UmsatzsteuerG). Die Mehrwertsteuer, wie sie in der Europäischen Union ausgestaltet ist, wird zwar auch bei jedem Zwischenverkauf auf den gesamten Umsatz erhoben; jeder Zwischenverkäufer kann sich die von ihm selbst bezahlte Mehrwertsteuer aber als Vorsteuer erstatten oder auf die eigene Mehrwertsteuerschuld anrechnen lassen, so dass er selbst nur mit der Steuer auf die Differenz zwischen seinen mit Umsatzsteuer belasteten Kosten und dem Verkaufspreis belastet ist (die er abzuführen hat), also dem von ihm geschaffenen „Mehrwert“ oder „Mehrpreis“.

    • Oh, danke sehr! 🙂
      Nein, heile Hupfdohlenwelt wird es hier sicher nicht geben. 😉

      Danke für die off-topic-Info. Vermutlich bin ich jetzt schlauer, aber mein Hirn hört bei solchen Dingen nur „werhhkjrpupjlöga“ oder so.
      😀
      Zum Glück muss man nicht alles können. 😉

  5. Liebe Christiane,

    es sieht tatsächlich nach einer tollen und anspruchsvollen Strecke aus und der Schnee hat ja irgendwie auch was. Gut durchgebissen, da kannst du mit gerichteter Krone zu den nächsten Crossläufen antreten. Ich freue mich schon auf die Berichte!
    (Der Mehrwert in diesem Blog bist einfach Du!)

    Liebe Grüße!

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