Eine Stadt bewegt sich – der Stadtlauf 2015 in Donaueschingen


Donaueschingen ist nicht gerade bekannt als „die Stadt, in der der Bär steppt“.  Umso erfreulicher war es für den Veranstalter und für eine gute Sache, dass 1139 Menschen den Weg zum Stadtlauf in Donaueschingen gefunden haben. Denn wer in Donaueschingen läuft, läuft nicht nur für sich selbst. Für jede absolvierte Runde eines Teilnehmers spendet die Sparkasse einen Euro, der der Erforschung und Behandlung der Krankheit Mukoviszidose zugute kommt. Daher trägt der Stadtlauf Donaueschingen auch den Namen Schutzengellauf. 

Im Gegensatz zum letzten Jahr – wir erinnern uns – waren die Organisatoren dieses Jahr auf den Ansturm gut vorbereitet. Gefühlt war die ganze Stadt auf den Beinen, nicht zuletzt wegen der angenehmen bis heißen spätsommerlichen Temperaturen, die einen Haufen auch nicht laufender Menschen auf die Straße lockten.  Bei etwa 30° waren die Straßencafés und Eisdielen gut besetzt, was für zusätzliche teils verwirrte Zuschauer sorgte. Denn ich glaube, so ganz nachvollziehen konnte nicht jeder, weshalb ein Haufen völlig entfesselter Irrer bei dieser Hitze Runde um Runde in der nicht gerade attraktivsten Ecke Donaueschingens vor sich hin trabte.

Für mich war es bereits der dritte Start bei diesem Event, und so gelang es mir auch diesmal, mich wie immer auf traditionelle Weise zu verfahren, um dann einen genialen Parkplatz in Hallennähe zu finden.

Erst mal den Weg zu den Toiletten checken… abgeschlossen! Eine gute Stunde vor dem Lauf?! Raaaah! Allerdings nahte rasche Hilfe, denn der Cheforganisator kam mir schon entgegen und winkte gleichzeitig mit meiner Startnummer und dem Hallenschlüssel. Dieses Jahr genoss ich VIP-Status und bekam meine Nummer vom Chef persönlich, als Ausgleich für das letztjährige Startnummerndesaster. Startgeld habe ich natürlich trotzdem bezahlt. Nicht, dass hier jemand auf dumme Gedanken kommt! Mit 5€ (7€ für Nachmelder) ist der Lauf wirklich günstig, wenn man außerdem bedenkt, dass man hier auf der 1,1 km langen Runde 2 (!) Verpflegungspunkte hat, und man eine professionelle Zeitmessung bekommt.

Startbereich

Dieses Jahr also ein neuer Teilnehmerrekord, 1,1 km, 1139 Leute, macht 1 Mensch pro Meter. Das ist schon dicht. Ich sage bewusst: „Leute“ nicht „Läufer“, denn beim Stadtlauf kann man sehr kreativ sein, was die Bewältigung einer Runde betrifft. Und nicht alle dieser Strategien sind schnell. Und es scheint die Regel zu gelten: Je langsamer, desto gruppen(un)dynamischer.

Das muss man als Läufer wissen. Sonst ist man eventuell schnell frustriert und genervt.

Aaaaber der Reihe nach. Nach erfolgreicher Toiletten-Aufschließaktion gibt es den für mich ebenfalls traditionellen Kuchen (exakt 1 Stunde vor Start). In diesem Fall eine lecker Linzertorte. Mjam! Das erntet nicht nur Verständnis meiner Mitläufer. Aber dieses Opfer bin ich bereit, zu bringen. Ich quatsche ein bisschen mit einem netten Unbekannten, und wir versuchen gemeinsam, die Auto-Runden-Funktion der 920XT ans Laufen zu bringen. Das irre tolle Hammer-Feature, von dem er jedoch spricht, finden wir beide nicht. Angeblich soll sich die Uhr den Startpunkt merken, und dann beim erneuten Passieren desselben eine Runde zählen. Muss ich mal nachforschen. Die von mir manuell eingestellten 1,1 km sind natürlich zu kurz. Klar, Ideallinie kann man bei diesem Lauf auch nicht laufen. Zu viele mobile Hindernisse. Egal.

Ich vertreibe mir die Zeit ein bisschen mit Leute-Gucken, und stelle fest, dass noch mehr Team-T-Shirts am Start sind. Diesjährige In-Farbe: Grün. Wobei auch Orange sehr dominant ist, da ein ortsansässiges Fitnessstudio seine LäuferInnen mit dieser Farbe ausgestattet hat. Der Slogan: „Wir bewegen Donaueschingen“.

Teamshirts 1 Teamshirts2

Das funktioniert noch nicht so ganz mit dem Bewegen, denn als eine Trainerin des besagten Studios zum kollektiven Warm-Up ruft (nur zur Erinnerung, wir haben 30°C), und alle im Schatten auf den Start wartenden Teilnehmer dazu auffordert in die pralle Sonne vor ihrer Bühne zu kommen, um dort ein bisschen herumzuhüpfen, stößt sie nicht auf ungeteilte Begeisterung.

Lediglich die Mitglieder ihres Studios leisten moralische Unterstützung, sowie ein paar Unentwegte. Das Warm-Up gestaltet sich eher kurz, und es sind noch 10 Minuten bis zum Start, die der Kommentator Roland Maier gewohnt souverän überbrückt, indem er noch ein paar Leute interviewt und ein paar interessante Fakten erzählt. So erfahren wir, dass politische Prominenz in Form des OB vertreten ist, sowie in Form des ehemaligen OB, Thorsten Frei, der mittlerweile im Bundestag hockt. Eine ebenfalls politisch bedeutsame Dame, deren Namen ich mir bedauerlicherweise nicht merken konnte, läuft auch ihre 3 Runden mit, bevor sie – wie sie extra betont – mit dem Fahrrad wieder nach Villingen abdüst. Respekt, denn die Dame ist durchaus ein älteres Semester. Nicht ganz so alt wie der älteste Läufer des Laufs mit Jahrgang 1929. Er walkt allerdings. Ich finde, mit 86 darf man das. (An dieser Stelle ducke ich mich schnell weg, um nicht von einem Walking-Stock erstochen zu werden.)

Politisch bedeutsam ist natürlich auch das Rathaus als Start. Das mit Abstand hübscheste Fleckchen auf der Strecke. Vor allem den Brunnen mag ich.

Musikerbrunnen Rathaus

Je näher der Start rückt, desto kuschliger wird es in den Reihen. Etwas zu kuschlig für meinen Geschmack. Leute, wir laufen jetzt 2 Stunden im Kreis. Muss man da so drängeln? Die Musikauswahl ist diesmal ziemlich cool. Fast hätten wir den Countdown verpasst, aber dann geht es los. Oder so… oder vielleicht auch nicht…

Schieb… quietsch… es dauert eine ganze Weile, bis alle mal über die Startlinie gewackelt sind, und noch eine weitere Weile, ehe man so was wie laufen kann.

Nach ca. 1/3 der Strecke trifft man auf den treusten und besten Fan des Stadtlaufs. Er und (s)eine (?) Frau bauen immer einen Tisch mit Getränken auf, von dem aus sie das „Rennen“ verfolgen. Aber – und überhaupt das macht ihn erst zum besten Fan – er hat seinen Gartenschlauch am Start, mit dem er die vollen zwei Stunden jedem, der es möchte, Abkühlung spendet. Ein großes DANKE!

Treuer FanDieses Jahr bekommt der treuste Fan jedoch Konkurrenz von der Feuerwehr, die eine offizielle Bewässerung der Strecke vornimmt. Aaaaah! DANKE! So kann man sich alle 500 Meter abkühlen. Das hat die Moral der meisten Läufer deutlich gehoben.

Abkühlung

Vor allem die Kinder – und davon gibt es reichlich – rennen beglückt kreischend in die Regenvorhänge und schöpfen frische Motivation. Erstaunlich, was manche Kinder an Kondition mitbringen. Ein kleines Mädchen fragt seinen Papa: „Und was ist, wenn wir 100 Runden schaffen?“ Seine Antwort höre ich leider nicht, da wir uns dem mobilen Stimmungsnest in Form einer Trommlerinnen-Gruppe nähern, die ebenfalls mit Startnummern versehen, über die Strecke marschieren und hin und wieder auch Aufstellung beziehen, um den vorüberhastenden / schlendernden / walkenden Teilnehmern einzuheizen.

Trommlerinnen1 Trommlerinnen2Das macht Laune!

Der zweit-treuste Fan ist eine Dame, die die vollen 2 Stunden an ihrem Fenster ausharrt, und die Läufer (oder so) mit dem unvermeidlichen „hopp, hopp, hopp“, aber auch mit motivierenden Sprüchen unterstützt. Das nenne ich Einsatz!

Die ersten Runden vergehen recht schnell, und es fällt bald auf, dass ca. 2/3 der Teilnehmer walkend, bzw. gehend unterwegs sind. Das ist per se ja nicht verboten, und ich finde es ja toll, dass sie alle da sind. Schließlich zählt jede Runde. Was mich jedoch immer wieder kurz aus dem Zen-Modus bringt, sind einige Mitglieder des Fitness-Studios, auf deren Shirts man besser „Wir bremsen Donaueschingen“ gedruckt hätte. Denn sie nehmen vorzugsweise als ambulantes Kaffeekränzchen die volle Streckenbreite ein, so dass den Läufern nichts anderes übrigbleibt, als über Bordsteinkanten zu hüpfen, über Mülleimer zu flanken, und waagerecht an Häuserwänden entlang zu laufen, wenn sie denn vorbei wollen.

Auch schön: Alle die, die am Verpflegungsstand stehen bleiben, und dort in aller Ruhe ihr Getränk leeren. Leute, das sind Becher zum Mitnehmen…! Gegen Ende muss man die Becher wirklich dauerhaft mitnehmen, denn sie werden knapp. Kein Wunder bei der Hitze und Masse an Leuten.

Auf Platz 3: „Oh, schau! Ein Verpflegunsstand / Mülleimer / Eichhörnchen / Oma!“ verbunden mit sofortigem 90°-Abbiegemanöver quer über die Strecke ohne Schulterblick.

Die erste Stunde neigt sich dem Ende zu. Dank stetiger Abkühlung und Flüssigkeitszufuhr geht es mir ziemlich gut, und ich laufe recht gleichmäßig – sieht man mal von ein paar Notbremsungen aus oben genannten Gründen ab. Bestzeiten-Ambitionen hab ich keine. Eine Runde mehr als im Vorjahr wäre schön. Ansonsten ist es für mich ein langer Tempo-Lauf mit Verpflegung. Wo kriegt man das schon?

So langsam bevölkern einige Figuren mit Startnummer die an der Strecke liegenden Straßencafés und Eisdielen als kleine Motivationsspritze zwischendurch.

Ich überhole hauptsächlich. Selten werde ich überholt, und dann fast nur von den üblichen Verdächtigen: LSG Schwarzwald-Marathon, Lauftreff Pfohren, Laufteam Denzer, sowie ein paar anonymen Laufsüchtigen. Offenbar gehöre ich hier zu den „ambitionierten“. Hat auch was. 😉

Auf der letzten Runde schließlich, treffe ich meine Dirigenten-Kollegin aus Pfohren. Laufend verhandeln wir noch ein paar probentechnische Details für einen gemeinsamen Gottesdienst, schaffen es, die Schlussläufer mit dem Schutzengellauf-Transparent einzusammeln, und überqueren nach 2 Stunden und 4 Minuten gemeinsam die Ziellinie. YES!

16 Runden sind es bei mir geworden und Platz 132. Damit bin ich hochzufrieden.

Mit „Ein Hoch auf uns!“ von Andreas Bourani werden die Läufer Richtung Umkleide entlassen.

Nach der Dusche, in der ich auch noch eine alte Freundin treffe, gönne ich mir noch ein paar leckere Gemüsesticks mit Quark – eine super Idee bei der Hitze – und lausche einem spontan auftretenden Schweizer Männerchor, der zwar Schnulzen, aber die ziemlich gut singt.

Zufrieden steige ich in mein Auto. Eine gute Art, einen heißen Samstag Nachmittag zu verbringen!

Schlussendlich sind 11000 Runden zusammen gekommen. Eine schöne Stange Geld für die Mukoviszidose-Forschung.

Bedanken möchte ich mich bei allen Organisatoren, Helfern und den unermüdlichen Fans. Ein besonderes Dankeschön an Stefan Zimmermann für seinen exklusiven VIP-Service. 😉

Hier noch Hinweise an alle, die sich überlegen, den Schutzengellauf mal mitzulaufen:

  • Versteht es nicht als Lauf, versteht es als Event und Familien-Ereignis
  • Wenn Ihr es doch als Lauf versteht, dann nehmt es als Tempolauf mit Verpflegung und erwartet ansonsten keine Bestzeiten.
  • Bringt eure Kinder, Enkel, Oma, Opa, Uroma und Tante Frieda mit und kauft jedem eine Startnummer. Auch wenn Uroma mit dem Rollator startet. Egal.
  • Wenn ihr walkt, dann lasst doch bitte eine Überholspur frei. Danke! 🙂

12 Kommentare zu “Eine Stadt bewegt sich – der Stadtlauf 2015 in Donaueschingen

  1. Super Christiane,
    unter den besten 10%, wie mir scheint verleiht das Wetter Dir Flügel 😉
    Danke für den Bericht und den Streckentest nach dem Desaster im letzten Jahr, aber jeder hat eine 2. Chance verdient.

    Salut

  2. Liest sich wunderbar – das Event in Donaueschingen. Da hätte ich auch Spaß dran. Und die Organisation war sogar optimiert. Top!

  3. 22. Frau von 519 Treilnehmerinnen, früher suchte ich den Namen immer von hinten her, jetzt muss man vorne auf der 1. Seite schauen, super, super. Die lobenden Worte über die Veranstaltung und Veranstalter gehen runter wie Öl.

  4. Pingback: Alle Jahre wieder… der Stadtlauf Donaueschingen | laufkater

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